Freitag, 9. September 2011

Freizeit? Bereitschaft ...

Auch wenn das bei manchen Medizin-Berufen nicht so ist, normalerweise gilt Bereitschaft nicht als Freizeit.
Bevor ich schwanger war, hatte ich als IT-ler gelegentlich Rufbereitschaft. Voraussetzung: Mobiltelefon dabei, Computer mit Internetanschluss (und VPN) in der Nähe. Bei Anruf eines Kunden oder SMS des Monitoringsystems musste man eingreifen. Wenn man Bereitschaft hat, muß die eigene Ausrüstung immer funktionieren (Mobiltelefone, die nur so tun, als ob sind da z.B. so ein fieser Klassiker). Ladegeräte dabei, keine Kernelupdates am Computer, Funklöcher vermeiden, Familienmitglieder informiert (wenn da jemand anruft, muss ich im Nebenraum verschwinden und bin erst mal nicht verfügbar). Bereitschaft kann manchmal (wenn nicht gerade an einer schlecht dokumentierten Uraltmaschine etwas kaputt geht, das Ding von 17 Kunden benutzt wird und man selbst das System kaum kennt) recht entspannt sein, aber es ist keine Freizeit. Manche Sachen gingen nicht - z.B. ins Schwimmbad kann man seine kleine IT-Ausrüstung dann doch schlecht mitnehmen (und den Kunden am Telefon auch nicht verstehen, wenn man es geschafft hat das ganze Equipment trocken zu halten). Eine Bootstour mit der Aussicht, nicht in einer halben Stunde das Ufer zu erreichen - nicht möglich.
Bereitschaft hieß aber nur: Reparieren was kaputt geht, kein Regelbetrieb. D.h. häufig war auch mal gar nichts los, dann bekam man einen Bonus dafür, dass man seine elektronische Fußfessel mitschleppte und sonst sein Leben mit kleinen Einschränkungen leben konnte.
Frischgebackene Eltern sind immer in Bereitschaft. 24x7 - 24 Stunden, 7 Tage die Woche. Kind braucht was zum Futtern, eine frische Windel, eine Einheit Bekuschelung, etwas Massage für den Bauch, eine Runde rumtragen. Ein paar Maßnahmen sind absehbar und mehr oder weniger regelmäßig: wenn das Kind nichts mehr Trinken würde oder keine Windel braucht, wäre das Anlass zur höchsten Besorgnis ...
Im Beruf kam immer mal jemand anderes dran mit der Bereitschaft. Das hatten wir als Eltern auch vor. Und die Großeltern sollten auch mal dürfen.
Da gibt es nur einen kleinen Pferdefuss: Unser Kind, fast vier Monate alt, trinkt immer noch nur die Originalflüssigkeit in Originaldarreichungsform. Keine Fläschchen. Damit ist die Sache mit dem Delegieren für mich leider nur teilweise machbar. Dauer-Fütter-Bereitschaft.
Die Pausen zwischen den Mahlzeiten sind tagsüber manchmal nur eine Stunde, das dehnt sich aber aus auf bis zu vier Stunden (die Tendenz zu gelegentlich größeren Pausen wäre erfreulich und alterstypisch). Sie ist jetzt fast 4 Monate alt und schläft schon erfreulich lange in der Nacht.
Mein Mann kann schon mal ein paar Stunden oder demnächst auch ein paar Tage weg (wickeln kann man delegieren), ich leider nicht. Vorerst. Die Biologie ist unfair!
Immerhin ist mir mein Bereitschaftsbonus (Elterngeld) überwiesen worden. Im Monat  ca. so viel wie ich früher für 3 Wochen bekommen hätte ... (Bereitschaftsgeld, Lohn gabs extra)

Donnerstag, 8. September 2011

Equally Shared Parenting (die Theorie)

"Nur" Mutter? Hausmann? Rabeneltern die ihr Kind abschieben? Wollten wir alles nicht sein ... aber muss man auf Familie verzichten, wenn man sich nicht in eine dieser Schubladen stecken lassen will?

Unser Plan: wir teilen uns das auf, "Equally Shared Parenting".

Gleich aufgeteilte Elternschaft? Dieser schöne amerikanische Begriff, zu dem es natürlich auch ein Blog und ein (IMHO ganz gutes) Buch gibt, ist schwer zu übersetzen.

Das Konzept: Beide Eltern investieren die selbe Zeit in das "Eltern sein", in Hausarbeit und in ihr Erwerbsleben. So können beide einen Anker im Berufsleben behalten ohne darauf zu verzichten, das Aufwachsen ihrer Kinder zu verpassen.

Einmal ist es natürlich sicherer wenn beide im Beruf bleiben. Wenn keiner aus dem Beruf aussteigt, kann jeder im Notfall die Familie alleine versorgen. Nach längerer Familienpause ist ein Neueinstieg schwierig und die Bezahlung ist meistens viel schlechter. Und wenn sich nach der Familiengründung einer in den Beruf zurückzieht und der andere nur noch Familienthemen um sich hat, wächst auch die Gefahr, sich auseinanderzuleben.

Jedenfalls ist es schön, einen Begriff für unseren Plan zu haben.

Der Plan: beide machen gleich viel Elternzeit. Er die ersten drei Monate voll, danach halbtags acht Monate. Sie die ersten sieben Monate voll (stillen lässt sich schlechter delegieren). Im fünften oder sechsten Monat fangen wir an, das Kind an die Kindertagesstätte zu gewöhnen. Und testen dabei, wie viel Zeit wir für die Familie brauchen. Und arbeiten dann beide erst mal Teilzeit - wie viele Stunden? Mal sehen. Hängt vom Kind ab.

Pluspunkte: Zwei entschlossene Eltern, zwei hilfsbereite Großeltern die in der Nähe wohnen und ein Platz in einer firmeneigenen Kindertagesstätte. Arbeit und Arbeitgeber erlauben flexible Arbeitszeiten und zum Teil auch Homeoffice. Bei der Jagd nach Staubratten hilft eine Putzfrau.

Ob das gelingt? Fragt uns in zwanzig Jahren - oder verfolgt dieses Blog :-)